Grüner Daumen Spay | © Günther Werner

Nachweis einer 300 Jahre alten Trockenmauer am Elling in Spay

Mit dem Bau von Trockenmauern wurden über Jahrhunderte die Steilhänge am Mittelrhein in eine Terrassenlandschaft umgeformt. Im nördlichen Bereich des Bopparder Hamms und in den Spayer Gemarkungen am Elling sind viele dieser Mauern erhalten geblieben. Insbesondere der uralte Wirtschaftsweg von dem früheren Weiler Peterspay zu den fruchtbaren Fluren auf der Hochfläche und dem Jakobsberger Hof  ist fast durchgehend von Trockenmauern gesäumt, die teilweise eine Höhe von 3 Metern erreichen. Auf den ersten Blick sehen große Teile der Mauern gleich aus, da sie bis auf einige Ausnahmen aus jüngster Bautätigkeit aus dem hier vorkommenden Steinmaterial gebaut sind. Experten erkennen aber auch bei den alten Mauern unterschiedliche Bauweisen und Alter. So gibt es zum Beispiel einen Abschnitt, in dem hier vorkommender Lehm als Bindemittel verwendet wurde. Andere Bereiche mit sehr großen Steinen wurden erst in den letzten Jahren wieder aufgebaut, nachdem es zu Einstürzen kam. 

Durch die Trockenmauern wurde eine bessere Bewirtschaftung der Steilhänge für den Weinbau erreicht. Mit dem Bau der Trockenmauern wurde am Mittelrhein im 12. Jahrhundert begonnen, nachdem die Klöster und der Adel ihre Weinanbauflächen auf die Hanglagen ausweiteten. Ende des 14. Jahrhunderts waren große Teile der Hänge im Mittelrheintal und in den Seitentälern für den Weinbau mit Trockenmauern terrassiert. In den nachfolgenden Jahrhunderten wurden diese Mauern immer wieder erneuert und ergänzt. Diese Arbeiten wurden durch die Pächter der entsprechenden Parzellen im Auftrag der geistlichen oder adligen Eigentümer meist im Winter ausgeführt.

 Nach dem 30 jährigen Krieg in der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert und dem pfälzischen Erbfolgekrieg von 1688 - 1697 mit Zerstörungen, französischer Besetzung des linksrheinischen Gebietes und Absatzproblemen beim Wein sind erste brachliegende Weinbergterrassen am Mittelrhein erwähnt. Nicht so in Spay. Um 1700 erreichte der Weinanbau in Spay mit über 300.000 Weinstöcken eine Hochblüte. Eigentümer der Rebflächen waren insbesondere Klöster. Allein in Oberspay waren fast 120.000 der insgesamt rd. 160.000 Weinstöcke in geistlichem Besitz.  Die Klöster Eberbach im Rheingau und Marienberg in Boppard hatten die größten Besitztümer. Wie die heute noch erhaltenen Fachwerkhäuser aus der Zeit um und nach 1700 bezeugen, erlangten die Bewohner der damals Mittelspey und Kisselspey  genannten Ortschaften nicht zuletzt durch den Weinanbau einen gewissen Wohlstand. 

Aus dieser Zeit nach 1700, genau aus dem Jahre 1719, kann nun am Ellingsweg eine Trockenmauer datiert werden. Beim Bau der heute noch in einem guten Zustand befindlichen Mauer wurden weiße Quarzitsteine, allgemein Kieselsteine genannt, so in den Mauerverband gesetzt, dass sich die Jahreszahl ergibt. Der relativ große Mauerabschnitt ist stark mit Efeu bewachsen, so dass die Zahlenfolge lange verborgen blieb. Erst nachdem die Bürgergruppe „Grüner Daumen Spay“ im Rahmen von Landschaftspflegearbeiten die Trockenmauern von Büschen und Bewuchs freigestellt hat, ist eine nicht verbandsgerechte, senkrechte Einmauerung von mehreren Kieselsteinen aufgefallen. Da es in der Nähe im Bopparder Hamm eine ähnliche Verwendung von Kieselsteinen gibt, aus denen man die Jahreszahl 1882 erkennen kann, lag die Vermutung nahe, dass auch hier das Erbauungsjahr eingemauert wurde. Bei der Entfernung des gesamten Bewuchses kamen dann weitere Bereiche mit Kieselsteinen ans Licht, die die komplette Zahl 1719 ergeben. 
 

Trockenmauer von 1719 | © Günther Werner

Nach Meinung von Dr. Alexander Ritter, der geschichtliche Nachforschungen über die Geschichte von Spay anlässlich des 1200 Jahrjubiläums des Ortes Spay in 2021 durchführt, könnte der Aufbau der datierten Mauer mit der im November 1718 durchgeführten Landvermessung zur Schaffung der ersten Grundbücher zusammenhängen.

Die Entdeckung der Inschrift in der Trockenmauer ist eine kleine Sensation, da bisher niemand das genaue Alter der Mauern am Ellingsweg kannte und niemand vermutete, dass große Teile davon schon über 300 Jahre alt sind. So sind die alten Trockenmauern am Ellingsweg ein besonderes kulturgeschichtliches Zeugnis der Jahrhunderte langen Bewirtschaftung der Hanglagen und spiegeln die guten Fachkenntnisse und Handwerkstechniken der Vorfahren wider. 

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