Ein Stück Geschichte zieht um...
Es ist Samstagmorgen, 16. November 2024. Sven Lauer hat eben die Transportgurte nachgezogen und schon geht er auf die Reise ins Neubaugebiet: Der „Grüne Brunnen“. Nur wenige Augenblicke später hört man eine Glocke und der Alteisensammler kommt vorbei. Er kommt zu spät. Sven Lauer wollte nichts riskieren: Dieses Stück Geschichte seiner Vorfahren und der gesamten Ortsgemeinde muss unbedingt erhalten bleiben. Es erhält einen Ehrenplatz an seinem Wohnhaus im „Faller“.
160 Jahre ist es her, als die Gemeinde Niederspay zur Verbesserung ihrer Trink- und Löschwasserversorgung an der heutigen Zehnthofstraße vier öffentliche Pumpen aufstellen ließ: An der Alten Kirche, an der Salmgasse, an der Lotsengasse und am Kieselsteinweg – so die heutigen Straßennamen. Die Gerüste dieser Pumpen wurden in den Werkstätten der Rheinböller Hütte gegossen. Gegen Regen und und Schnee weitgehend unempfindlich, entsprachen sie den damals geltenden technischen und hygienischen Standarts. Eine Wasserleitung und elektrischen Strom sollte Spay nämlich erst rund 60 Jahre später, im Jahre 1926 erhalten.
Schon vor 120 Jahren betrieb Familie Rüdell an einer dieser Pumpen eine Gastwirtschaft, die, wie ein Foto aus dem Jahre 1904 bezeugt, schon damals den Namen „Zum Grünen Brunnen“ trug. Neben diesen vier öffentlichen Pumpen gab es damals in Niederspay für 397 Einwohner in 88 Häusern elf weitere private Pumpen, von denen allerdings vier außer Betrieb waren, und immerhin noch vier altertümliche Ziehbrunnen. Nicht jeder hatte damals einen eigenen Brunnen. Viele mussten sich Wasser in der Nachbarschaft besorgen – oder eben im Rhein, dessen Wasser durchaus trinkbar war.
Nach Inbetriebnahme der Wasserleitung im Jahre 1926 blieben die Niederspayer Brunnen als technische Baudenkmäler erhalten. Sie überlebten auch den Metallhunger der Rüstungsindustrie, der während des Zweiten Weltkriegs zum zweiten Mal fast alle Spayer Glocken zum Opfer fielen. Und das Gasthaus „Zum Grünen Brunnen“ sammelte fleißig weitere Erinnerungen: An der Theke, in „Renates Keller“ und in „Rüllsches Saal“. Hier fanden an Kirmes und Karneval rauschende Feste statt, aber auch als Lazarett in den letzten Kriegstagen, ja sogar als Turnhalle fand der Saal Verwendung.
Das Gasthaus ist inzwischen geschlossen – doch seine Geschichte lebt nun in Sven Lauers Garten weiter.
Noch mehr Geschichte und Geschichten bietet „Spay im Spiegel der Zeit“. Es sind noch Bücher da, diese können Sie über den Förderverein Spay unter 8778 oder info@spay.de erhalten.
Dr. Alexander Ritter